Der Leistungsprüfungsprozess in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist komplex und dadurch häufig sehr langwierig. Ein zentrales Kriterium und gleichzeitig Schwachstelle hierbei ist die Bewertung der beruflichen Tätigkeit. Die Darlegungslast hinsichtlich Art und Umfang des zuletzt ausgeübten Berufs liegt nach §172 Abs. 2 VVG beim Kunden. Im Markt haben sich sehr unterschiedliche Herangehensweisen zur Erfassung etabliert. Von der formlosen Variante als Freitext über die komplizierte Befüllung eines Stundenplans bis hin zur Auswahl aus einer Liste von Teiltätigkeiten. Nun unterliegt die Arbeitswelt einem kontinuierlichen Wandel und die Dynamik dieses Wandels hat in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen. Nie zuvor haben sich Berufsbilder so rasant geändert, sind neue hinzugekommen, andere umfangreicher und komplexer geworden, oder gar verloren gegangen. Das belegt auch eine Studie der Deutschen Rück zur "Welt der Berufe" aus dem Jahr 2022.
Da alles ständig im Wandel ist, kann nichts auf Dauer unverändert bleiben. Das gilt auch für den Prüfprozess und die Bewertung des Berufs. Frischen Wind in diesen Prozess bringt nun ein Prüfschema, das die Belastungen in den Vordergrund stellt und eine einfachere, schnellere und bessere Fallbearbeitung sicherstellt.
Ineffizient: Der Beruf und das Spiel mit den Teiltätigkeiten
In der Leistungsprüfung von heute steht noch immer die Berufsbezeichnung im Fokus. Diese hat jedoch wenig Aussagekraft über die tatsächlichen Belastungen eines Berufsbilds. Sowohl die Abfrage von Teiltätigkeiten als auch die Aufstellung eines Stundenplans führen lediglich zur Erfassung von einzelnen Arbeitsschritten und bringen nur unwesentlich mehr Erkenntnisse. Beides birgt ein hohes Maß an Scheingenauigkeit durch Interpretationsspielraum und unterliegt einer hohen Dynamik – gerade wegen der sich stetig verändernden Arbeitswelt.
Beispiel: Marketing- und Verkaufsmaßnahmen: Hinter dieser Teiltätigkeit kann sich vieles verbergen, von der eher kaufmännisch geprägten strategischen Planung und Konzeption bis hin zur Umsetzung von gezielten Maßnahmen vor Ort, die teils ein deutlich höheres Maß an körperlicher Aktivität verlangen. Auch ein Mix aus beidem gehört in der modernen Arbeitswelt zum Alltag.
Auf die Belastungen kommt es an
Das aktuelle Prüfschema im Leistungsfall ist also ein Verfahren mit Schwächen. Wie sieht die Lösung aus? Hinter jedem Beruf und jeder Tätigkeit verbergen sich auch Belastungsfaktoren, die sich wesentlich besser zur Bewertung eignen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Belastungen sind beständig, in ihrem Umfang begrenzt, können eindeutig bewertet werden und sind klar im Kontext der medizinischen Diagnose einzuordnen. Hat man sie einmal erfragt, sind sie eine sehr verlässliche Bewertungsgrundlage für die Ermittlung des BU-Grads in der Leistungsprüfung. Die Fokussierung auf Belastungsfaktoren hat großes Potenzial für einen effizienteren und kundenfreundlicheren Prüfprozess, der für alle involvierten Stakeholder einfacher und schneller zu durchlaufen ist.
Unser Belastungsprofil
Die Abfrage von berufsspezifischen Belastungen im Leistungsfall stellt die Grundlage eines neu entwickelten Prüfschemas der Deutschen Rück dar. Es ist uns gelungen, eine abschließende Abfrage für sämtliche Berufe zu generieren.
Kern hierfür ist ein Fragebogen-Set, das alle Arten von Belastungen (ergonomische, psyhische und soziale sowie Umgebungsbelastungen) erfasst. Das komplette Set besteht aus 20 Fragen, die wir anhand einer BU-ReSys-Auswertung auf die TOP-100-Berufe zugeschnitten haben. Der Kunde beantwortet beispielsweise als Krankenschwester/-pfleger 10 belastungsspezifische Fragen, die in strukturierter und themenbezogener Reihenfolge aufeinander aufbauen. Beim Ingenieur sind es 12 Fragen, beim Bäcker 13. Ergänzt werden diese um eine Detailabfrage zur Intensität der Belastungen und um konkretisierende Ausführungen des Kunden. Der Fragebogen wurde in Zusammenarbeit mit unseren medizinischen Beratern auf der Grundlage eigener berufskundlicher Expertise entwickelt und mit verschiedenen Endkunden getestet und adjustiert.
Beispiel Krankenschwester/-pfleger
Standard heute ist die Abfrage nach Teiltätigkeiten u.a. nach Hilfe bei der Körperpflege, Lagern und medizinischer Betreuung von Patienten. Ein Stundenplan ist ähnlich aufgebaut. Unser Ansatz beim Belastungsprofil: Wir erfragen spezifische Belastungen, dazu zählen insbesondere die wechselnde Körperhaltung, Einsatz von Muskelkraft, Feinmotorik und Schichtdienst. Dem Vorhandensein von disziplinarischer sowie fachlicher Führung wird Rechnung getragen, indem der Kunde gefragt wird, für wie viele Mitarbeiter er/sie Personalverantwortung trägt. Die reine Frage nach Personaleinsatzplanung, wie sie bisher gestellt wird, drückt lediglich die Tätigkeit aus, nicht die damit einhergehende Belastung. Fazit: Weder das Prinzip der Teiltätigkeiten noch das des Stundenplans sind mehr passend für den Leistungsprüfungsprozess.
Vorteile, die überzeugen
Mit unserem Belastungsprofil wird die Bewertungsgrundlage für die Leistungsprüfung deutlich verbessert. Die Leistungsprüfung wird für den Kunden transparenter. Wir bieten mit dem Belastungsprofil einen über die normale Leistungsprüfung hinaus gehenden Service, der inzwischen ratingrelevant ist – MORGEN & MORGEN hat die Prozessunterstützung als neues Rating-Kriterium aufgenommen.
Arztanfragen straffen oder komplett abschaffen!
In dem Kontext muss auch die Arztanfrage völlig neu gedacht werden: Oftmals sind die Ärzte nicht bereit, zu Teiltätigkeiten oder zum Stundenplan eine gutachterliche Einschätzung zu geben. Entweder ist ihnen die Gebühr zu gering, oder sie kennen sich damit nicht aus. Einschätzungen zu den Einschränkungen von Belastungen hingegen kennen die Ärzte aus dem arbeits- und sozialmedizinischen Bereich. Diese werden sie abgeben.
Unser Belastungsprofil ist ein kraftvoller Schritt, diesen Pain Point zu beseitigen! Wir können sogar sagen, dass wir in Zukunft keine ärztliche Einschätzung mehr brauchen. Das Belastungsprofil dient als Einschätzungs- und Übersetzungstabelle für die BU-Leistungsprüfung. Bei Diagnose X in Kombination mit Therapie Y und der Belastung Z ist der Kunde zu X Prozent eingeschränkt. Arztanfragen zur Einschätzung der Einschränkung können so deutlich verschlankt und reduziert werden. Das spart Zeit und Kosten.
Sie interessieren sich für das Belastungsprofil? Details erläutern wir Ihnen gerne im persönlichen Dialog. Profitieren Sie von unserer Expertise. Sprechen Sie uns an!
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