Daten.Fakten.Meinungen: Biometrie

Verbesserte Risikobewertung ermöglicht mehr Neugeschäft

Interview mit Guido Schaefers, Vorstandsmitglied der Provinzial zur verbesserten Risikobewertung nach dem neuem Underwriting-Mindset "Unterstützen. Versichern. Belohnen." der Deutschen Rück.

 

Gesundheits-, Sport- und Freizeitrisiken sind Kernbestandteile in der Risikoprüfung von biometrischen Produkten. Doch bereits die Abfrage hat ihre Tücken. Zu komplex, zu restriktiv und häufig nicht nachvollziehbar – das sind die Herausforderungen, mit denen sich Vertrieb und Kunde auseinandersetzen müssen. Um dies zu ändern, setzt die Deutsche Rück mit einem zeitgemäßen Underwriting-Mindset vor allem auf die individuelle Bewertung des Genesungsprozesses. 

Das Underwriting Mindset Unterstützen. Versichern. Belohnen. wurde evidenzbasiert und interdisziplinär entwickelt. Neben klassischer Risikobewertung steht vor allem der Genesungsaspekt im Fokus. Weg von der starren Bestrafung von Vorerkrankungen hin zu einer Belohnung von Verhalten, das auf Gesundung ausgerichtet ist. Es würdigt aktives Verhalten der Kunden, die sich um ihr Wohlbefinden kümmern. 

Besser früherer Leistungsanspruch

Auch der Bereich der Freizeitsportarten wurde grundlegend überarbeitet. Hier werden nur noch die Extremsportarten, die aktuell schon zu einer Ablehnung führen, herausgefiltert, während beispielsweise Freizeitboxen, Tauchen und Reiten künftig nicht mehr durch Ausschlussklauseln oder Risikozuschläge bestraft werden. Fazit: Durch das Underwriting-Mindset Unterstützen. Versichern. Belohnen. können mehr Kunden normal versichert werden. Dies erhöht die Durchdringung und steigert das Neugeschäft. Gute Gründe für die Provinzial, ein Pilotprojekt zu starten und die Wirkungsweise in der Praxis zu testen.

Zu den Ergebnissen tauschen sich Guido Schaefers von der Provinzial und Dr. Barbara Ries von der Deutschen Rück aus.

Interview mit Provinzial-Lebenvorstand Guido Schaefers

Barbara Ries: Der Wettbewerbsdruck steigt, in der Biometrie wird um jeden Kunden gerungen. Wie bewerten Sie den aktuellen Markt und mit welchen Themen versucht die Provinzial, positive Impulse für das Neugeschäft in der Biometrei zu setzen?

Guido Schaefers: Die Menschen wollen sich gegen Risiken absichern und hier steht im Bereich der Lebensversicherung insbesondere die Absicherung der Angehörigen im Todesfall oder die Absicherung der eigenen Arbeitskraft im Vordergrund. Für diese Ereignisse bietet die Provinzial schon immer sehr gute Produkte an. Dies wird auch regelmäßig durch vorderste Plätze in verschiedenen Ratings bestätigt. Aber neben der Produktqualität ist es für einen Serviceversicherer auch von immanenter Bedeutung, die Prozesse gegenüber dem Kunden optimal zu gestalten. Das heißt bei biometrischen Produkten, die Prozesse der Antragsannahme mitsamt der Risikoprüfung sowie die Prozesse im Versicherungsfall, also der Leistungsprüfung. Hier versuchen wir uns vom Marktstandard positiv abzuheben und für den Kunden einen echten Mehrwert durch schnelle und effiziente Prozesse zu erreichen.

 

Barbara Ries: Sie sprechen von guten und schnellen Prozessen. Welche Rolle spielt die Risikoprüfung im heutigen Neugeschäftsprozess aus Ihrer Sicht?

Guido Schaefers: Eine gute Risikoprüfung ist neben der Tarifgestaltung das wichtigtste Selektionsinstrument für ein gutes Kollektiv. Die Aufgabe unserer Risikoprüfer besteht jedoch nicht allein darin, Kunden mit einer Vorerkrankung abzulehnen oder nur mit Erschwerungen (Risikozuschläge oder Ausschlussklauseln) anzunehmen. Damit würde die Risikoprüfung den berechtigten Absicherungswunsch unserer Kunden in nicht notwendigem Maße erschweren. Insbesondere Kunden, die eine Erkrankung überwunden haben, sind häufig nicht bereit, eine Erschwerung zu akzeptieren. Diesen Interessenten könnten wir ohne gute Risikoprüfung kein Angebot unterbreiten. Es gilt daher, eine gute Balance zwischen weiterhin notwendiger Risikoselektion und Anerkennung der Genesung eines Kunden zu finden.

 

Barbara Ries: Unser Underwriting-Mindset haben wir Ihnen im Rahmen eines Kundenbesuchs vorgestellt. Sie warten schnell vom Konzept angetan. Was hat Sie damals überzeugt?

Guido Schaefers: Der neue Ansatz ist ein kraftvoller Schritt in Richtung einer neuen Haltung gegenüber unseren Kunden. Wir können uns damit noch stärker als Partner und Begleiter des Kunden positionieren und ihm signalisieren, dass wir stets auf seiner Seite sind – “immer da, immer nah”. Dieser Belohnungsgedanke passt somit genau zu unserem Markenkern. Wir haben den Ansatz auch mit unserem Vertrieb diskutiert, der natürlich die Möglichkeit begrüßt, mit weniger Erschwerungen unsere Kunden absichern zu können.

 

Barbara Ries: Das Pilotprojekt zur verbesserten Risikobewertung läuft bereits seit 12 Monaten. Welche Erkenntnisse und welches Fazit konnten Sie daraus ziehen?

Guido Schaefers: Im Pilotprojekt haben wir solche Anträge herausgefiltert, bei denen wir im Vorfeld ein Verbesserungspotenzial durch das neue Mindset erwartet haben. Dies gilt insbesondere für orthopädische Vorerkrankungen und Erkrankungen der Haut. Die Deutsche Rück hat uns dafür ein Bewertungsraster zur Verfügung gestellt. Wir konnten die Normalannahmen unter diesen ausgewählten Anträgen verdoppeln – indem wir Abrechnungsdiagnosen, Zufallsbefunde und Erkrankungen mit milden Verläufen oder schneller Genesung herausgefiltert haben. Das Pilotprojekt hat uns geholfen, unkompliziert und ohne großen IT-Aufwand Erfahrungen mit dem neuen Underwriting zu sammeln. Wir konnten das Verbesserungspotenzial abschätzen und die Risikoprüfer an die neue Vorgehensweise heranführen. Sie hatten in der Pilotphase die Möglichkeit, zwischen dem bisherigen und dem neuen Votum zu entscheiden. Es hat sich früh herausgestellt, dass das neue Votum nahezu immer angewandt wurde.

 

Barbara Ries: Bedeuten mehr Normalannahmen nicht eine Risikoerhöhung im Kollektiv? 

Guido Schaefers: Das Votum “Normalannahme” ist kein Selbstzweck, sondern soll unseren Kunden eine bessere Absicherung anbieten und mittelbar das Neugeschäft steigern. Somit wird das Kollektiv größer und tragfähiger. Dabei ist es das Ziel, genau solche Konstellationen herauszufiltern, die keine Risikoerhöhung darstellen. Nämlich Freizeitsport, der einen positiven Effekt auf die psychische und physische Gesundheit hat und Erkrankungen, die entweder nicht risikorelevant oder bereits überwunden sind. Risikorelevante Erkrankungen und Aktivitäten werden natürlich auch im neuen Underwriting-Mindset berücksichtigt und entsprechend bewertet.

 

Barbara Ries: Wie geht es nach dem Pilotprojekt weiter?

Guido Schaefers: Nach der erfolgreichen Pilotphase werden wir das neue Underwriting Mindset fest im Neugeschäftsprozess verankern. Künftig gibt es also nur noch ein Votum – das verbesserte “Unterstützen. Versichern. Belohnen.”-Votum. Die Umstellung ist prozessual einfach und schnell umsetzbar, so dass wir zeitnah starten können. Glücklicherweise benötigen wir dazu keine IT-Kapazitäten. Wir werden das Thema vertrieblich noch stärker nutzen und bei unseren Vertriebspartnern bewerben.

Guido Schaefers: "Nach der erfolgreichen Pilotphase werden wir das neue Underwriting Mindset fest im Neugeschäftsprozess verankern. Künftig gibt es also nur noch ein Votum – das verbesserte 'Unterstützen. Versichern. Belohnen'-Votum."